Schach-Zettel 168-187

  1. In eigener Sache (erschienen in Schach, Heft 3/2002)

Einige werden sich sicherlich an die erste Serie der Schach-Zettel 1 bis 167

erinnern, die in der Deutschen Schachzeitung/Schach-Report (Chefredakteur: Stefan Bücker) von 1994-1996 und dann in Schach/Deutsche Schachzeitung (Chefredakteur: Raj Tischbierek) im Jahre 1997 erschienen sind. Vorläufer und Vorbild ist der in den 30er Jahren in Paris von Gaston Legrain herausgegebene „Le Coin des Chercheurs et Curieux“, der ebenfalls in nummerierter Abfolge in den Cahiers de L’Échiquier Francais schachlich interessante Aspekte thematisierte. Die Zettel dieser (alten) Serie sind in aktualisierter und bearbeiteter Form auf diesen Seiten im Internet einzusehen. Sie haben inzwischen durch Vlastimil Fiala (Chess Miscellany) und Stefan Bücker (Miszellen) in deren Schachperiodika (Quarterly for Chess History bzw. Kaissiber) Nachahmung gefunden.

Schach-Zettel versucht Themen, die nicht für einen größeren Artikel eignen, der Vergessenheit zu entziehen. Dabei wird gleichwohl sehr viel Wert auf eine gute Dokumentation im Sinne einer ausreichenden Quellenangabe gelegt. Es gilt das Wort: „Geschichte ohne Quellen ist keine Wissenschaft“.

Eine Betonung infolge der persönlichen Interessenlage des Autors erfahren dabei insbesondere schachgeschichtliche Themen wobei schachpraktische Aspekte selbstverständlich nicht vernachlässigt werden sollen, ebenso wie bibliophile und schachpolitische Themen gleichermaßen von außerordentlichem Interesse sind. Es sollen keine thematische Beschränkungen erfolgen. Alles, was im Reiche des Schach von Interesse und von einiger Relevanz ist, gelangt zur Darstellung. Damit soll nicht zuletzt die Vielfalt und Vielschichtigkeit des kulturhistorischen Phänomens Schach deutlich gemacht werden.

Konzeptionell leben die Zettel von der Mitarbeit der Leser. Wir hoffen daher auf eine rege Teilnahme aller Schachfreunde im In- und Ausland und erbitten Zuschriften per Email an Hallo@Ballo.de.

Erwünscht sind Beiträge aller Art, ob Fragen, Antworten, Anmerkungen, Vorschläge, Kritik oder Sonstige das Schach betreffende Themen, immer werden wir versuchen ein Forum zu sein. Dabei wird die Einwilligung in die Publikation im Rahmen der Schach-Zettel vorausgesetzt, es sei denn, dem wird ausdrücklich widersprochen. Schach-Zettels Traum, in Anlehnung an Arno Schmidt, ist eine möglichst rege und engagierte Teilnahme der Leser.

  1. Alice N. Loranth (erschienen in Schach, Heft 3/2002)

Jeder Schachspieler kennt die von John G. White (1845-1928) gegründete Schach-Bibliothek in Cleveland, Ohio, USA. Mit Trauer haben wir hören müssen, daß deren langjährige Leiterin Alice N. Loranth 1998 verstarb. Unseres Wissens ist seinerzeit keine Nachricht über ihren Tod in deutschen Schachzeitungen bekannt geworden. Wir holen dies heute nach und erinnern uns an Alice N. Loranth.

Mrs Loranth, eine geborene Ungarin, machte ihren ersten Magister in Museologie (Kunstgeschichte, Archäologie und Anthropologie) an der Eötvös Loránd Universität in Budapest bevor sie in die Vereinigten Staaten zog. Dort machte sie an der Western Reserve Universität in Cleveland einen weiteren Magister in den Bibliothekswissenschaften. Sie war Bibliotheksassistentin am Kunstmuseum in Cleveland bevor sie 1969 Leiterin der berühmten, Ende 1990 mehr als 30.000 Schachbücher umfassenden, John G. White Chess and Checkers Collection an der Cleveland Public Library in Ohio, USA wurde. Dies war sie bis zu ihrem allzu frühen Tode im Jahre 1998.

Wir haben Mrs. Loranth nie persönlich kennen gelernt, haben sie jedoch durch mannigfaltigen Schriftwechsel und telefonische Gespräche in guter Erinnerung. Stets war sie hilfsbereit. Im Jahre 1990 verfaßte sie für uns einen Artikel mit dem Titel „John G. White and His Collection of Chess and Checkers at the Cleveland Public Library„. In guter Erinnerung bleibt uns Frau Loranth auch wegen des Kontaktes, den wir anlässlich der Auktion der Schachbücher von André Muffang in Paris im Jahre 1991 hatten. Leider konnten wir nicht das von ihr so sehr gewünschte Manuskript von Lucena, das sogenannte „Manuscrit Francais“ nach Victor Place, erstehen.

Die John G. White Schachbuch-Sammlung ist vor allen Dingen berühmt wegen der Einzigartigkeit ihrer Bücher, die ihr vor mehr als 80 Jahren von dem Schachbibliophilen John G. White vermacht wurden, aber Alice N. Loranth hat durch ihre Tätigkeit den guten Ruf der Bibliothek in der ganzen Welt vermehrt (s.a. The John G. White Collection in: Michigan Chess, August-September, 1975, S. 3-10).

  1. Kreuzschach

Mit einem Kreuzschach ging die letzte entscheidende Partie im Kandidaten Viertelfinale 1974 zwischen Viktor Kortschnoi und Henrique Mecking zu Ende.

 









Kortschnoj, V (2670) – Mecking, H (2615) [A77]
Kandidaten Viertelfinale Augusta (13), 1974

1.d4 Sf6 2.Sf3 c5 3.d5 e6 4.c4 exd5 5.cxd5 d6 6.Sc3 g6 7.e4 Lg7 8.Le2 0-0 9.0-0 Te8 10.Sd2 Sbd7 11.Dc2 Se5 12.b3 g5 13.Lb2 g4 14.Tfe1 Sh5 15.Sd1 Sf4 16.Lb5 Tf8 17.Se3 Dg5 18.Sf5 Lxf5 19.exf5 Sed3 20.Lxd3 Lxb2 21.Tad1 Ld4 22.Se4 Dxf5 23.Sg3 Dg5 24.Lxh7+ Kh8 25.Df5 Dh6 26.Dxg4 Sxg2 27.Kxg2 Dxh7 28.Te7 Tg8 29.Df4 Le5 30.Df3Tg7 31.Txb7 Dc2 32.Te1 Kg8 33.Te4 Tf8 34.Tg4 Dxa2 35.Sf5 Txg4+ 36.Dxg4+ Kh7 37.Dh5+ Kg8 38.Sh6+ Kg7 39.Sxf7 Tg8 40.Sxe5+ Kf6+ 41.Sg4+ Txg4+ 42.Dxg4 1-0

  1. Georg Klaus (28.12.1912 – 29.7.1974)

Andreas Sänger, Jena, ist seit 2 Jahren als Chronist des Jenaer und darüber hinaus auch des
Thüringer Schach tätig und recherchiert z. Zt. in der Friedrich-Schiller-Universität in Jena auch über Georg Klaus (siehe Schachzettel 25, 35 und 43). Er wies uns auf den folgenden Text zu Georg Klaus, dem langjährigen Vorsitzenden des DDR-Schachverbandes, hin.

Geboren in Nürnberg am 28. Dezember 1912 als drittes Kind eines Eisenbahners, gehört Georg Klaus zu den wenigen Schülern, die aufgrund ihrer außergewöhnlichen schulischen Leistungen Zugang zum Gymnasium erhalten. Ab 1929 sympathisiert er mit der KPD und schließt seine Schullaufbahn mit der Note sehr gut in neun von zwölf Fächern ab. 1932 schreibt er sich an der Universität Erlangen im Fach Mathematik ein, doch nach drei Semestern wird er an der Fortführung des Studiums aus politischen Gründen gehindert: er dirigierte die nordbayerische Sektion der Kommunistischen Partei, die zu dieser Zeit im Untergrund weiterwirkte. Zunächst wird Klaus zu zwei Jahren Haft im KZ Dachau verurteilt, er bleibt aber während dieser gesamten Zeit in „Schutzhaft“ in einem Haus nahe bei München. Dort ist es auch, wo er beginnt, um intellektuell widerstehen zu können, Blindschach zu spielen. Kurz vor dem Ablauf der Haftdauer wird ihm eine zusätzliche Haftstrafe von drei Jahren auferlegt, und er wird tatsächlich nach Dachau deportiert, wo er seine Methode des Gedankenschachs weiterführt.

Zur Feier von Hitlers Geburtstag wird er am 20. April 1939 freigelassen, doch die Fortsetzung seiner Studien sind dem Kommunisten gesetzlich verboten. Drei Jahre lang arbeitet er in der Bleistiftindustrie (Faber-Castell, dann Schwan). Am 13. Oktober 1942 wird er zur Wehrmacht eingezogen und im März 1943 an die russische Front geschickt, wo er drei Monate darauf schwer verwundet wird. Das Kriegsende erlebt er unter alliierter Bewachung in einem belgischen Gefängnis, ehe er in seine Geburtsstadt zurückkehrt. Dort nimmt er seine politischen Ämter in der Kommunistischen Partei wieder auf und tritt insbesondere hervor durch seine Reden, mit denen er unter anderem die Vereinigung von KPD und SPD vorbereitet. An der Volkshochschule beginnt er Vorlesungen über „Marxismus als Weltanschauung“, aber auch über „Die Atombombe – ein physikalisches und soziologisches Problem“ zu halten, bevor er offiziell an der Parteischule unterrichtet und schließlich, diesmal an der Universität Jena, seine Studien fortsetzt. Nach dem Besuch von so verschiedenen Vorlesungen wie zur Wärmetheorie oder zu Lenins Erkenntnistheorie verteidigt er seine Dissertation in der erziehungswissenschaftlichen Fakultät und erwirbt den Titel eines Dr. päd..

An der Universität Jena nimmt er seine Lehrtätigkeit als Lehrbeauftragter für Dialektischen und Historischen Materialismus auf, 1952 erhält er dann einen Lehrstuhl im Fachbereich Gesellschaftswissenschaften. Im folgenden Jahr wird er zum Professor für „Logik und Erkenntnistheorie“ an der Humboldt-Universität Berlin ernannt, wo er gleichzeitig das Amt des Prorektors bekleidet, was ihn viel Zeit kostet. 1957 gibt er diese Stellungen auf und veröffentlicht sein erstes Buch, Jesuiten – Gott – Materie. Von dieser Zeit an beschäftigt er sich mit Kybernetik, aber auch mit Semiotik und Logik. 1959 leitet er die Arbeitsgruppe Philosophie an der Akademie der Wissenschaften, in die er zwei Jahre darauf als Mitglied aufgenommen wird. Von 1962 an wird ein auf die Deportation zurückgehendes Gesundheitsproblem zu seiner täglichen Sorge, doch er fährt in den folgenden zwölf Jahren fort mit der Veröffentlichung von Aufsätzen und Büchern, seine letzten Publikationen auf dem Sterbebett ins Diktiergerät sprechend. Insgesamt schrieb er mehr als 250 Veröffentlichungen, davon einige zwanzig Bücher. (Nach: Jérôme Segal: Die Einführung der Kybernetik in der DDR. Begegnung mit der marxistischen Ideologie. Siehe Anhang von http://jerome-segal.de/Publis/Kyb-DDR.htm.

Auf einem Photo aus den Deutschen Schachblättern 1942, S. 73, auf das Hanswerner Mazurek, Dortmund, hinweist, ist Klaus der Mann mit der Fliege, sitzend, Zweiter von rechts.

  1. Dr. Dr. Max Lange

Dr. Negele, Wuppertal, verdanken wir die folgenden Angaben. Jack Spence gibt in seinem Band 1 der „Chess Career of Rudolph Spielmann“ als Partie Nr.3 „The Young and the Old“ eine Partie Max Lange – Rudolf Spielmann, Coburg 1904: He (also der 21jährige Spielmann) outplayed a veteran of the Nineteenth century. Somit gilt „Die Gruften öffneten sich“, denn den Leipziger Dr. phil. Dr. jur. Max Lange (7.8.1832-8.12.1899) deckte schon fast fünf Jahre der Rasen.

Es handelt sich bei dem Hauptturnier-Teilnehmer um den Berliner Mathematiker Dr. phil. Max Lange II
(* 25.4.1883, Stettin, Promotion 1909, Wohnort Friedenau, dann Steglitz). Dieser Max Lange II ist in der Schachliteratur nicht ganz unbekannt und war ein starker Spieler (immerhin 5.Platz in Coburg u.a. vor Nimzowitsch). Er schrieb das Büchlein Das Schachspiel und seine strategischen Prinzipien, Teubner, Leipzig 1910; 2. Aufl. Leipzig u. Berlin 1914. Die 3. bzw. 4. Aufl. sind 1918 bzw. 1923 erschienen. In der 2. Aufl. wird auch ein weiteres Buch Die modernen Schachmeister angekündigt, das wohl nie erschienen ist.

Das Büchlein wird in den Bibliographien – die königliche Bibliothek in Den Haag (L/N-Katalog) macht da keine Ausnahme – oft dem Leipziger Dr. Dr. Max Lange I zugeschrieben. Lediglich der John G. White-Katalog der Cleveland Public Library differenziert über die Geburtsjahre der beiden Langes.
Peter Gütler aus Lübeck hat im Zusammenhang mit dem von ihm geplanten Buch über Dr. Max Lange I ausführlich über diesen Max Lange II geforscht. Unklar und weitgehend im Dunkeln ist dessen früher Todestag. Gütler meint, Lange II sei ca. 1926 durch einen Autounfall um’s Leben gekommen.

Wer weiß mehr über diesen Max Lange?

  1. Teutsche Schachakademie (erschienen in Schach, Heft 5/2002)

Das 125jährige Jubiläum des Deutschen Schachbundes nähert sich mit Siebenmeilen-Stiefeln. Der Leser wird hierzu auf die in Schach erscheinende Trilogie zum DSB verwiesen. Wir werden sehen, daß Dr. Max Lange, Leipzig, einen maßgeblichen Anteil an der Institutionalisierung des Deutschen Schachlebens, die mit der Gründung des Westdeutschen Schachbundes begann, hatte.

Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Entdeckung eines Buches aus dem Jahre 1836 mit dem Titel Das Schachspiel in seiner eigenthümlichen und höhern Bedeutung. Ein Fragment. (Aus den Propyläen einer Imperatorik.), Renner und Schuster, Nürnberg 1836. Der Autor (N.N. Flammhorst?) ist unbekannt.

In dem VIII + 96 Seiten umfassenden Buch wird nach einem einleitenden Gedicht An Teutschlands Zukunft allen Ernstes der „Entwurf zur Bildung einer teutschen Schachakademie, um das Schachspiel zum teutschen Nationalspiel zu erheben“ vorgestellt. Was ist das anderes als ein Schachbund? Die Konzeption eines Deutschen Schachbundes wird detailliert dargelegt. In den Statuten wird beispielsweise festgelegt, daß die Anlage der Schachakademie die Möglichkeit beinhalten müsse, „sich über ganz Teutschland ausbreiten zu können“. Nach weiteren Ausführungen über die Symbole der Akademie (das Schachbrett, der Thurm, der Schwan und der Phoenix) und die Unterteilung der Mitglieder der Akademie in fünf „Classen“, nämlich den Waradeins, den Paladins, Castellanen, Commenthuren und einem Hochmeister, wobei der Hochmeister „der Schlussstein des Ganzen“ ist, der auch in den Versammlungen der Akademie den Vorsitz führt, werden in § 5 auch die Versammlungen geregelt. „Es giebt Ur- und Localversammlungen“, „ordentliche“, die alle fünf Jahre und „außerordentliche Versammlungen“, die nur im Falle besonderer Anlässe abgehalten werden. Nach den Bestimmungen, die die inneren Verhältnisse der Akademie regeln, werden in § 8 auch die Verhältnisse nach Aussen bestimmt.

„Die Akademie wird sich durch Vorlegung ihrer Gesetze bei der teutschen Gesammtwelt in Achtung zu setzen wissen, und sich somit der öffentlichen Meinung versichert sehen“. … „Sie wird, wenn sich die teutschen Schachvereine mit ihr nicht amalgamiren wollen, mit selbigen dennoch in freundschaftlichen Verhältnissen zu bleiben suchen“. … . „Sie wird endlich im Laufe der Zeit ein Capital erübrigen, durch welches eine dafür empfängliche teutsche Regierung ermittlen soll, welche Resultate durch Einführung des Schachspiels als bleibender Lehrgegenstand in den Schulen hinsichtlich der Bildung der niedern Volksclassen zu erzielen seyen“.

Weiter sind in § 9 die „Urgesetze dieser Akademie“ aufgestellt, darin heißt es allerdings auch (Absatz 11): „Damen und Israeliten können in keinem Fall, weder als ordentliche, noch als Ehrenmitglieder, jemals aufgenommen werden“.

Van der Linde gibt N. Flammhorst als Autoren des Buches an (Gesch. II Berlin 1874, S. 370). Kann jemand etwas über N. Flammhorst mitteilen?

  1. Grossmeister

In einer Depesche der Versammlung zum zweiten Kongress des Westdeutschen Schachbundes im Jahre 1862 an Tassilo von Heydebrand und der Lasa wird dieser in dem von Dr. Max Lange und H. Wittgenstein verfassten Text als Großmeister benannt. Es ist das unseres Wissens der erstmalige Gebrauch dieses Titels für einen Schachspieler. Der Name scheint aus den Kreisen der Freimaurerei entlehnt zu sein, denn auch die Schachspieler waren seinerzeit eine verschworene Gemeinde.

Kann jemand mitteilen, ob dies tatsächlich der erstmalige Gebrauch des Titels im Schach darstellt und wenn nicht, wann wurde dieser Titel in das Schach eingeführt?

Klar ist, daß späterhin, anlässlich des Turniers in St. Petersburg 1914, den dort anwesenden Meistern Lasker, Aljechin, Capablanca, Marshall und Tarrasch vom russischen Zaren der Titel Grossmeister verliehen wurde.

  1. Harald Falk

Hans-Jürgen Fresen, Bochum, teilt zu Harald Falk (Zettel 61, 64, 80 und 119) mit, daß das als Manuskript gedruckte Büchlein „Die 45 Partien aus dem niederelbischen Meisterturnier, Oktober 1932″ von Harald Falk verfasst wurde. Fresen ist im Besitz des Turnierbuches, in dem sich ein von Harald Falk handschriftlich verfasster Vermerk mit der Angabe findet, daß er dieses Büchlein in 110 Exemplaren erstellt habe. Darüber hinaus habe er fünf zusätzliche Exemplare mit einer Zusatzseite versehen.

Wir haben unsererseits ein Exemplar von Martin Beheim-Schwarzbachs Das Buch vom Schach, Insel-Verlag, Leipzig, s.a. in den Händen gehabt, daß einen handschriftlichen Eintrag aufwies: „Meinem lieben Harald Falk//ohne dessen Bibliothek dieses//Buch schwerlich zustande ge-//kommen wäre//mit herzlichem Dank!//Martin Beheim-Schwarzbach//1934″.

  1. Reprint alter Schachbücher

Alte und ältere Schachbücher und Schachzeitschriften sind oftmals unentbehrlich zur Erforschung der Schachgeschichte. Es ist deshalb besonders verdienstvoll, wenn es immer wieder Verlage gibt, die die Reproduktion dieser längst vergriffenen Schachschriften wagen. Dabei sind insbesondere die bei Olms erschienenen Reprints deutscher Kongressbücher oder anderer Klassiker positiv zu erwähnen. Auch die Reprints des British Chess Magazine haben einige Lücken schließen können, wenngleich sie in der Aufmachung nicht mit den Reprints von Olms konkurrieren konnten. In neuerer Zeit kommen aus dem Osten Nachdrucke, die jedoch sowohl hinsichtlich der Qualität des Drucks (schlecht lesbar) und des Einbandes sehr zu wünschen übrig lassen.

Wir planen deshalb den Reprint einiger Klassiker der Schachliteratur in guter bis sehr guter Qualität und stellen die Frage: Welche Zeitschriften und/oder welche Klassiker der Schachliteratur einschließlich der Problemliteratur sollten in ein solches Reprint-Programm aufgenommen werden? Rückmeldungen dringend erbeten.

  1. Tassilo von Heydebrand und der Lasa (erschienen in Schach Nr. 11/2002)

Tassilo von Heydebrand und der Lasa (1818-1899) gehört zu den ganz Großen im Schach. Seine Bedeutung für das Schach im Allgemeinen, nicht nur in Deutschland und Polen, sondern für die ganze Welt, ist kaum zu überschätzen.Von der Lasas Werk und Schaffen ist aus fünf Gründen monumental: Von der Lasa war

  1. ein sehr starker Schachspieler, der Staunton, Anderssen und Löwenthal besiegte
  2. mit dem Handbuch des Schachspiels das Referenzwerk schlechthin für viele Generationen von Schachspielern gelungen
  3. ein Schachhistoriker ersten Ranges, der mit seinem 1897 erschienenen Buch „Zur Literatur und Geschichte des Schachspiels“ und vielen Aufsätzen in der Deutschen Schachzeitung große Beachtung fand
  4. einer der ersten Schachbuchsammler der Welt, der darüber hinaus durch eine umfangreiche Korrespondenz Kontakt mit Schachspielern und Schachsammlern auf der ganzen Welt hatte
  5. sehr beliebt und scheint so gut wie keine Feinde gehabt zu haben. Das machte ihn auch für schachpolitische Vereinnahmungen interessant, wenngleich er sich vom allgemeinen schachpolitischen Treiben, wie beispielsweise dem Deutschen Schachbund weitgehend fernhielt.

Tassilo von Heydebrand und der Lasa wurde am 17. Oktober 1818 geboren und verstarb am 27.7.1899 unter den Zeichen einer fortgeschrittenen Herzinsuffizienz auf Schloß Storchnest im heutigen Polen. Kurz vor seinem Tode war er „unter sorglicher Pflege im besonderen Salonwagen“ von Wiesbaden nach Schloß Storchnest in Polen übergesiedelt. Er wollte wohl in seiner Heimat, in seinem guten alten Schlesien begraben werden. Noch kurz vorher konnte von der Lasa im Jahre 1898 erleben, daß er zum ersten Ehrenmitglied des Deutschen Schachbundes ernannt wurde.

Es stellt deshalb ein ganz außerordentliches Verdienst dar, daß Herr Professor Sierpowski und Frau Maria Luczak von der Bibliotheka Kórnika in Kornik bei Poznan (Posen) in Polen vom 16. bis 18. September 2002 eine internationale Veranstaltung von Schachhistorikern veranstalteten. Mit der Veranstaltung wurde einem größeren Publikum die bedeutende Schachbuchsammlung von der Lasas, die bereits seit 1990 von Schachforschern besucht und genutzt werden konnte, zugänglich gemacht. Anlässlich der Tagung wurde im Korniker Schloss in Kórnik eine Ausstellung eröffnet, die das Leben und Werk von der Lasas beleuchtet. Die Ausstellung ist noch bis zum Jahre 2003 geöffnet. Ein Besuch kann jedem schachhistorisch Interessierten auf’s Wärmste empfohlen werden.

Vordere Reihe Hans Holländer, Nathaniel Divinsky (Canada), Egbert Meissenburg, Joaquin P. de Arriaga (Spanien); 2. Reihe: Lothar Schmid, Ken Whyld (England), Barbara Holländer, Alessandro Sanvito (Italien); 3. Reihe: Gerhard Josten, Jurgen Stigter (Holland).

 

Auf der Tagung wurden in Anwesenheit des Urenkels von der Lasas, Herrn Thassilo von Heydebrand und der Lasa und dessen Frau Gemahlin Dorothée, Vorträge von namhaften Schachhistorikern aus der ganzen Welt gehalten. Die Bibliothek plant, die Vorträge in einem Sammelband zusammenzufassen und zu publizieren. Dabei gelang es, die Hilfe von Vlastimil Fiala, Olomouc, Tschechien, zu erhalten. Dieser plant, auch ein Buch mit sämtlichen Partien von der Lasas herauszugeben. Fiala hat mehr als vierhundert Partien in der in Kórnik zugänglichen Bibliothek von der Lasas finden können.

Von ganz besonderer Bedeutung ist die von Maria Luczak katalogisierte Sammlung der Korrespondenz von der Lasas. In ihr finden sich Briefe von A wie Alliey bis Z wie Zwanzig. Sie stellt damit eine wahre Fundgrube für eine schachliche Forschungstätigkeit dar. Die Schachwelt ist um einen Platz schachhistorischer Forschungsmöglichkeit reicher geworden.

Die Gastfreundschaft und die Aufmerksamkeit, die den Teilnehmern der Tagung zuteil wurde, hat den polnischen Veranstaltern, allen voran Maria Luczak und Professor Sierpowski viele Freunde gemacht. Es gelang mit der Ehrung des großen deutschen Schachhelden von der Lasa auch, einen großen und wichtigen Beitrag im Sinne der deutsch-polnischen Völkerverständigung zu leisten. Es ist dabei gut zu wissen, daß deutsch-polnische Kultur im Namen der Völkerverständigung wieder geeignet ist, Menschen aus der ganzen Welt zusammenzurufen.

v.l.n.r.: Maria Luczak, Dorothée von Heydebrand und der Lasa, Prof. Sierpowski, Thassilo von Heydebrand und der Lasa. Links oben an der Wand Gemälde von Heinrich von der Lasa (1861-1924)

  1. Retrograde Analyse

Dr. Bernd Gräfrath, Essen, der 1993 das Buch Ketzer, Dilettanten und Genies im Junius Verlag Hamburg veröffentlichte, stellt die folgende Frage zur Geschichte des Problemschachs: Wer hat als Erster eine Verbindungslinie von retrograder Analyse zu Sherlock Holmes gezogen? Mindestens drei Autoren scheinen selbständig darauf gekommen zu sein.

  1. Raymond Smullyan, Chess Mysteries of Sherlock Holmes, Knopf Verlag, New York 1979; vgl. hierzu auch die Entstehungsgeschichte im „Nachwort“ von Smullyans anderem Schachbuch, The Chess Mysteries of the Arabian Knights, Hutchinson, London 1983 (ursprünglich 1981), S. 167-170 („Afterword“).
  2. Alois Wotawa, Auf Spurensuche mit Schachfiguren, de Gruyter, Berlin 1965, S. 191-205.
  3. Emil Ramin, Im Wunderland des Schachproblems, Schach-Archiv, Hamburg1958, S. 74.

Wer kann helfen?

  1. Dr. Max Lange II

Zu Max Lange II erreichten uns sehr viele Zuschriften u.a. von Dietmar Friedrich, Saarlouis, Bodo Kühn, Berlin, Peter Gütler, Lübeck, Berthold Klotz, Heidelberg, Michael Negele und Stefan Bücker, Nordwalde. Sie teilen mit, daß im Rahmen eines längeren Beitrages in Kaissiber Nr. 13, 2000, S. 55 ff. von Peter Gütler dargelegt wird, Max Lange II sei am 1. September 1923 in Japan beim Kanto-Erdbeben in Tokio um’s Leben gekommen.

Jürgen Dueball berichtet, daß sein Großvater Felix (geb. 1884) Mathematiker und Studienfreund von Max Lange II war. Felix Dueball wurde in Deutschland durch die Verbreitung des japanischen Brettspieles Go bekannt. In seinem Besitz, so Jürgen Dueball weiter, befand sich ein Notizbuch mit einer handschriftlichen Partiesammlung von Max Lange. Als Dueball dieses Notizbuch erbte, hatte er daran keinerlei Interesse und hat es Lothar Schmid geschenkt, in dessen Sammlung es sich noch heute befinden dürfte.

  1. Reprints

Zu Zettel 176 teilen wir mit, daß in einer ersten Phase die folgenden Bücher nachgedruckt werden:

  1. von Bilguer, Zweispringerspiel, 1839
  2. Allgaier, 1. Auflage (zwei Bände), 1796
  3. Twiss (zwei Bände), 1787 und 1789
  4. von Racknitz, 1789
  5. Max Lange, Lehrbuch des Schachspiels, 2. Aufl., 1865.

Die Bücher werden Ende des Jahres 2002 oder Anfang 2003 zum Verkauf jeweils in einer Paperback und gebundenen Ausgabe vorliegen. Die Auflage ist limitiert und nummeriert. Preise können noch nicht angegebenen werden.

Interessenten wenden sich bitte an unsere Adresse. Siehe auch Facsimilé-Reprints auf diesen Seiten.

  1. John van Manen 21.2.1922-20.5.2000

John van Manen war einer der Schachhistoriker, er selbst bevorzugte die Bezeichnung „Chess Data Collector“ i.e. „Schachdatensammler“, der in bescheidener und liebenswürdiger Weise viele Schach-Freunde in der Welt mit seiner Hilfe und seinem Wissen erfreute. Er sammelte Zeit seines Lebens Schachdaten und Schachinformationen aus Australien. Cecil Purdy nannte ihn im Jahre 1978 „den größten Experten des australischen Schachs, der jemals lebte“ und Ken Whyld, England, nannte ihn „Wächter der australischen Schachgeschichte“.

Auch wir sind dankbar, John van Manen gekannt zu haben.

John van Manen, Adelaide

John van Manen wurde am 21.2.1922 („einen Tag zu früh“ schrieb er oft) in Holland geboren. Er hatte sieben Geschwister. Er lernte Schach von seinem Vater und in der Schule entfachte ein enthusiastisch schachspielender Lehrer in ihm die Liebe zum Schachspiel, die ein ganzes Leben anhalten sollte. Er gewann im Jahre 1935, in dem Jahr, in dem Max Euwe die Weltmeisterschaftswürde im Schach gegen Aljechin errang, ein Schachturnier in der Schule. Später besiegte er 1953 in einem Simultankampf in Amsterdam den Meister van Muhring.

Van Manen besuchte in Amsterdam das Gymnasium und studierte Mathematik. Er arbeitete später als Versicherungsstatistiker für Lebensversicherungen. Sie lebten in Naarden, etwa 30 km entfernt von Amsterdam. John las Schachzeitungen im Bus auf der Fahrt zur Arbeit. Er heiratete Inge Kolster im Jahre 1948 und mit ihrem Sohn Frank führten sie ein glückliches Familienleben. Seine Schachbuchsammlung wurde immer größer.

Im Jahre 1961 entschied sich Frank, nach Australien auszuwandern. Inge und John begleiteten ihn. Sie lebten in der Nähe des Manly Warringah Leagues Club, wo John dem Schachklub beitrat. Im Jahre 1979 gingen John und Inge zusammen mit ihrem Sohn Frank und dessen Familie nach Adelaide. John hielt brieflichen Kontakt mit Cecil Purdy, Phil Viner und anderen in Sidney sowie mit Garry Koshnitsky und anderen in der Südaustralischen Schachszene. John lebte in den Modbury Heights in Adelaide und hatte in den Jahren 1978 bis 1990 seine fruchtbarste Zeit für das australische Schach. Seine Briefe hatten immer irgendeinen Bezug zum Schach. Er war ein fleißiger Mann und haßte es, Zeit zu vergeuden. Wann sammelte er Schachpartien als er in Sidney arbeitete? Nun, während der Mittagspause; sein Büro bei Melville and Co. war ganz in der Nähe der Bibliothek.

In seinem letzten Brief an Paul Dunn (Australian Chess Federation Games Archivist) im März 2000 schrieb er: „Ich sammle immer noch Daten per Fernleihe … und versuche, so viel wie möglich aufzuschreiben, bevor der Vorhang fällt“.

Das war zu dem Zeitpunkt als auch das linke Auge erblindete. Er verlor das Augenlicht und der „Vorhang“ fiel am 20. Mai 2000. Auch Augenoperationen in Sidney hatten nicht helfen können. Die Beerdigung fand am 23. Mai in Port Macquarie, New South Wales, seinem Alterssitz seit 1997, statt. Ken Fraser, Bob Meadley und seine Frau Norma sowie etwa 20 andere Personen waren anwesend, als Australiens „Greatest Chessdata Collector“ seinen letzten Weg ging.

Ian Rogers hat im The Sun Herald des 11. Juni 2000 einen Nachruf geschrieben und darauf hingewiesen, daß John 1988 die Cecil Purdy-Medaille für Schach-Journalismus verliehen wurde. Das war seine einzige öffentliche Anerkennung. John van Manen war ein unbesungener Held, der Australiens Schachdaten in eine professionelle Ordnung brachte. Mehr als 10.000 Partien australischer Schachspieler des letzten Jahrhunderts sammelte er. Er tat diese Arbeit nicht des Geldes wegen. Er vermachte seine Schachbuchsammlung, mehr als 400 Schachbücher (1970), der Vaughan/van Manen Special Collection in der Sidney State Library und übergab seine Schacharbeiten der Andersson Chess Collection der Victorian State Library, an der Ken Fraser für Dekaden der Verwalter war.

Bob Meadley hat in einem Nachruf im Australian Chess Forum, September 2000, S. 30-32, dem wir auch die hier verwendeten Daten entnehmen, eine Aufstellung der Schriften von JvM gegeben. JvM erstellte viele Übersetzungen aus dem Holländischen, Italienischen, Französischen und Deutschen in’s Englische. Auch wir sind ihm für die Übersetzung unserer Arbeit über Tarrasch dankbar.

John van Manen, der es infolge von Sprech- und Hörproblemen liebte, Briefe zu schreiben und auf schriftlichem Wege zu korrespondieren, ist nicht mehr bei uns. Er wird uns immer in guter Erinnerung bleiben.

182. Georg Klaus (erschienen in Schach, Heft 1/2003)

Anläßlich der Wiederkehr des 90. Geburtstages von Georg Klaus am 28.12.1912 und der Beschäftigung mit seiner Vita als Schachspieler (vgl. Schachzettel 25, 35, 43 und 171) scheint es geboten, die gegebenen Informationen fortzuführen und berichtigend zu ergänzen. Die folgenden Anmerkungen verdanken wir Michael Eckardt, Diplomkulturwissenschaftler (Medien), Fakultät Medien, Bauhaus-Universität in Weimar.

Georg Klaus wurde am 28.12.1912 als 3. Sohn des Eisengießers Georg Heinrich Klaus zu Nürnberg geboren. Er gehört dort im Alter von 16 Jahren als hoffnungsvoller Nachwuchsspieler des Nürnberger Arbeiterschachklubs. In dieselbe Zeit fällt auch seine Tätigkeit bei der SPD-Zeitung „Fränkischen Tagespost“, für die er die „Schachecke“ redigiert. Bis dahin weder gewerkschaftlich noch politisch organisiert, nimmt er das Angebot der KPD an, sich rückwirkend als KPD-Mitglied registrieren zu lassen, um mit Sitz und Stimme an den Vorstandstagungen des Nürnberger Arbeiterschachklubs teilnehmen zu können. Er wird nach dem Abitur im Sommersemester 1932 für das Studium der Mathematik an der Universität Erlangen immatrikuliert. Er studiert bis zu seiner Verhaftung insgesamt drei Semester. Seine Tätigkeit für den Kommunistischen Jugendverband führt er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten illegal weiter, wobei er dafür die Mitgliedschaft im Nürnberger Schachklub „Noris“, dem er nach der Zwangsauflösung der Arbeiterschachklubs beigetreten war, nutzt. Klaus wird mit diesem Klub 1933 Meister von Franken. Er organisiert mit Hilfe der ehemaligen Schachfreunde als Sekretär die Arbeit der KPD-Unterbezirksleitung Nordbayern und tritt nach Absprache mit KPD-Funktionären ebenso wie sein Studienkollege Karl Böhm in eine Studentenverbindung ein, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kooperativ in die SA übernommen wird. Er wird einem Lehrsturm der SA zugeteilt und versieht u.a. Dienst in der Stabswache der SA in Nürnberg. In Bayreuth werden beide beim Versuch, die abgerissene Verbindung zu den KPD-Unterbezirken Würzburg, Amberg und Bayreuth wiederherzustellen, durch eingeschleuste Gestapo-Agenten entdeckt und am 10. Oktober 1933 verhaftet. Er wird durch die Gestapo im Keller der SA-Stabswache gefoltert und misshandelt. Schließlich erfolgt die Überführung in die Deutsch-Haus-Kaserne, das Hauptquartier der Gestapo in Nürnberg. Sichtbares Zeichen der Mißhandlung bleiben eine durch glühende Zigaretten vernarbte Nase und Kinn. Klaus wird wegen Hochverrat angeklagt und in die Haftanstalt Stadelheim bei München verlegt und wird nach monatelanger Untersuchungshaft zusammen mit seinem Freund Karl Böhm vom 1. Strafsenat des Obersten Landgerichts in München mit Urteil vom 25.5.1934 wegen Hochverrats zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Haft verbringt der 22-jährige weitgehend in Einzelhaft im Nürnberger Zellengefängnis. In dieser Zeit beschäftigt er sich intensiv mit Blindschach-Partien. Zum Ende der Haftzeit 1936 ergeht ein Schutzhaftbefehl, welcher eine Überführung ins Konzentrationslager Dachau für die Dauer von drei Jahren (Klaus selbst geht zunächst von einer nur dreimonatigen Übergangszeit aus) vorsieht. Die Strapazen der Einzelhaft verdrängend schreibt Klaus seiner Mutter „Der einzige Wunsch den ich zur Zeit überhaupt habe, ist der, daß ich in Dachau recht starke Schachgegner antreffen möge. Ich freue mich jedenfalls auf das Strafende, wenn ich dieses Haus auch in Begleitung zweier „Blauer“ verlassen muß. Aber nun gibt es endlich wieder einmal Sport, Schwimmen, Schach und vor allem Menschen!“ Das Schachspiel entwickelt sich in Dachau für ihn zu einem „nicht unwesentlichen Kulturfaktor“, zumal er dort viele seiner ehemaligen Freunde vom Arbeiterschachbund wiedertrifft. Er ist während seiner Schutzhaft in Dachau Lagermeister im Schach, nur einmalig unterbrochen durch die Teilnahme des Wiener Schachmeisters Glass, der nach dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich eingeliefert wird.. Georg Klaus wird am 20. April 1939 anläßlich einer Generalamnestie zum 50. Geburtstag Adolf Hitlers entlassen. Klaus steht nach seiner Haftentlassung unter Polizeiaufsicht. Er wird für „wehrunwürdig“ erklärt und mit Studierverbot belegt und beginnt er am 15. Mai 1939 eine Tätigkeit im Materiallager bzw. später in der Einkaufsabteilung bei der A.W. Faber Castell Bleistiftfabrik A.G. Stein bei Nürnberg, die ihm eine bemerkenswerte Auffassungsgabe und stets einwandfreie Führung bescheinigen. Vom 17. Februar 1941 bis zu seiner Einberufung arbeitet Klaus für die Schwan-Bleistift-Fabrik A.G. in Nürnberg, für die er die Betriebsabrechnungsbögen erstellt. Der Nürnberger Schachklub „Noris“ ermöglicht ihm den Wiedereintritt in das offizielle Schachleben. Klaus wird überraschend Zweiter der Süddeutschen Schachmeisterschaft (Wertungsturnier vom 29. März bis 5. April 1942 in Regensburg; 10 Spieler, Klaus 6,5 Punkte) und qualifiziert sich für die Großdeutsche Meisterschaft. An der Großdeutschen Schachmeisterschaft des Jahres 1942 in Bad Oeynhausen vom 22. Juni bis 4. Juli nimmt der vormalige Kommunist und Dachau-Häftling Klaus nach zähem Feilschen zwischen dem Schachklub „Noris“ bzw. dem Bayrischen Schachverband und Bundesgeschäftsführer Ehrhardt Post in Berlin letztendlich doch teil. Die ersten beiden Partien des Turniers gehen verloren, doch dann folgen insgesamt sechs Siege und vier Remis, so daß Klaus mit nur einem halben Zähler Abstand und acht Punkten zusammen mit dem damals bei der Wehrmacht befindlichen Schachtheoretiker Hans Müller (Wien) hinter Ludwig Rellstab Zweiter des Turniers wird. Edith Keller gewinnt die zur gleichen Zeit stattfindende Frauenmeisterschaft. Für diese sollte Klaus im Jahre 1953 bei einem Freundschafts-Länderkampf DDR-Bulgarien als Mannschaftskapitän einspringen. Zum 13. Oktober 1942 erfolgt trotz festgestellter Wehrunwürdigkeit die Einberufung zur Wehrmacht, die ihn nach der Ausbildung zum Westfälischen Schützenregiment Nr. 4 kommandiert. Er nimmt an der Ostfront am 8. März 1943 am Gefecht von Sokolowski teil und liegt mit der Truppe bis Anfang Juli in Ruhe im Raum Charkow. Vom 7. bis zum 19. Juli nimmt er an der Schlacht von Bjelgorod teil, die als Teil der Schlacht am Kursker Bogen in die Geschichtsbücher eingeht. Klaus wird für seinen Einsatz mit dem Eisernen Kreuz zweiter Klasse und dem silbernen Verwundetenabzeichen versehen. Der Preis, den er dafür zahlen muß, ist hoch: Er erhält einen Lungenschuß links, wobei die 5. bis 7. Rippe links und das Schulterblatt zertrümmert werden. Er wird in der Folgezeit ständig über Atemnot klagen. Der Obergefreite Klaus erholt sich in verschiedenen Lazaretten (zuletzt im Thüringischen Bad Blankenburg, wo er auch seine erste Ehefrau kennenlernt) nur langsam von seiner Verwundung. Über die Teilnahme an Schachturnieren in diesen Lazaretten ist bisher nichts bekannt. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß Klaus seiner Schachspielleidenschaft weiter erfolgreich nachgegangen ist. Nachweisbar ist seine Teilnahme am Vierten Schachmeisterturnier des Generalgouvernements in Bad Krynica vom 25.11. bis 5.12.1943. Der Berichterstatter der Deutschen Schachzeitung bemerkt über ihn: „Der Soldat Klaus litt ersichtlich unter den Folgen seiner schweren Verwundung und war in seinen Leistungen dadurch stark beeinträchtigt. Er kam nur allmählich in Form und vollbrachte erst in der letzten Runde seine größte Tat, indem er Bogoljubow dessen einzige Niederlage zufügte …. Klaus gewann auch das in einem Lazarett durchgeführte Blitzturnier, das alle Teilnehmer zu einer Wiederholung des Meisterturniers mit umgekehrten Farben vereinigte.“ Der mit 4,5 Punkten erreichte vierte Platz und der Sieg über Bogoljubow sowie das Remis gegen den späteren Meister Lokvenc können angesichts der schweren Verwundung von Klaus nicht hoch genug bewertet werden. Auch bei diesem Turnier spielt Edith Keller mit. Sie schlägt Klaus während des Turniers und trägt beim anschließenden Blitzturnier gegen Bogoljubow und Lokvenc Siege davon. Nach der Versetzung in eine Genesungskompanie bzw. ein Ersatzbatallion, in dem Klaus als Schreiber und Kammerverwalter Dienst tut, erfolgt im März 1945 trotz totaler Frontuntauglichkeit sein Einsatz am Rhein gegen die West-Allierten. Klaus macht nach dem Krieg zu seinem Ausscheiden aus der Wehrmacht unterschiedliche Angaben. Einmal gibt er an, sich nach wenigen Stunden kanadischen Truppen ergeben zu haben, ein anderes mal berichtet er davon, bei einem Einsatz gegen englische Truppen übergelaufen zu sein. Klaus ist von April bis September 1945 im Lager 2227 in Ostende/Belgien in amerikanischer Kriegsgefangenschaft und ist dort als Chefdolmetscher tätig. Der Entlassungsschein datiert auf den 2. September 1945, gestempelt von der 12th US-Army Group, Zedelghem. Mit 40 Reichsmark Entlassungsgeld begibt er sich nach Nürnberg und reist von dort weiter nach Thüringen (wahrscheinlich nach Bad Blankenburg), um seine Ehefrau wiederzusehen. Auf seinem Rückweg nach Nürnberg legt ihm die sowjetische Besatzungsmacht nahe, in Sonneberg den Aufbau der kommunistischen Partei zu organisieren: Er wird Verlagsleiter der Zeitung „Thüringer Volk“. Ab Februar 1946 ist er Kreisvorsitzender der KPD, später der SED. Nach einigen Lehrgängen an der Parteihochschule geht er im Januar 1947 als Sekretär des Sekretariats in den Landesvorstand der SED nach Weimar. Im Sommer 1947 setzt er an der Universität Jena sein unterbrochenes Studium fort, welches er im April 1948 mit dem Grad eines Doktors der Erziehungswissenschaft Dr. päd. abschließt. In Jena erfolgt seine Anstellung als Lehrbeauftragter, seine Berufung zum Dozenten und schließlich 1950, nach erfolgreicher Habilitation, seine Ernennung zum Universitätsprofessor für Dialektischen und Historischen Materialismus an der Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät. Klaus bekleidet neben diversen Funktionen an der Universität (Dekan, Prorektor, SED-Betriebsgruppe, Friedensrat etc.) ab etwa 1950 das Amt des Präsidenten der Sektion Schach der DDR. Das einzige dazu bislang gefundene Dokument stellt eine 1950 als Manuskript gedruckte Broschüre mit dem Titel „Die Aufgaben der Sektion Schach beim Aufbau des Sozialismus in der DDR“ dar. Auf der konstituierenden Präsidialtagung der Sektion Schach der DDR am 9. und 10. Mai 1953 in Jena hält Georg Klaus „ein mit großem Beifall aufgenommenes, richtungsweisendes Referat“ zum Thema „Die Aufgaben der Sektion Schach beim Aufbau der DDR“. Er veröffentlicht eine ausführliche Version dieses Referates wenig später. Der vielbeschäftigte Philosophieprofessor Georg Klaus verwendet wegen seiner starken Arbeitsbelastung nur wenig Zeit für die Verbandsarbeit und zur aktiven Turnierteilnahme kommt es ebenfalls kaum noch. Immerhin gibt er an, an einem Schachlehrbuch vom Standpunkt des dialektischen und historischen Materialismus zu arbeiten. Es scheint nach bisherigem Wissen jedoch nicht fertiggestellt worden zu sein. Die Verbandsarbeit leidet auch wegen seiner angeschlagenen Gesundheit. Auf der Arbeitstagung der Sektion Schach der DDR am 25. und 26. Juli 1953 läßt sich der im Urlaub befindliche Präsident von Bruno Ullrich vertreten. Zum 24. FIDE-Kongreß in Schaffhausen/Schweiz 1953 reisen als Delegierte Georg Klaus und Bruno Ullrich. Anläßlich der Tagung findet ein Blitzturnier der Präsidenten der nationalen Schachvereinigungen statt, bei dem neben Georg Klaus auch der Vertreter Argentiniens Castellis und Bruno Ullrich unter den 11 Teilnehmern mit je 9 Punkten die ersten drei Plätze belegen. Den Stichkampf gegen Castellis entscheidet Klaus mit 2:0 Punkten für sich, Bruno Ullrich verzichtet daraufhin auf seine Teilnahme. Den bereits in Zusammenhang mit Edith Keller erwähnten Länderkampf DDR – Bulgarien vom 2. bis 11. Oktober 1953 in Sofia leitet Georg Klaus als Mannschaftskapitän, nimmt jedoch nur als Vertreter für Edith Keller-Hermann an einer Partie teil und erreicht gegen den 19-jährigen Atanas Kolarov ein Remis. Abgesehen von einer bekannt gewordenen Bitte, zukünftig alle Zuschriften in Schachangelegenheiten nicht an seine Privatadresse, sondern an das Generalsekretariat zu senden, tritt Georg Klaus nach seiner Berufung an die Humboldt-Universität zu Berlin nicht mehr nachweisbar für die Sektion Schach in Erscheinung. Auf der konstituierenden Arbeitstagung des Präsidiums der Sektion Schach am 22. und 23. Mai 1954 in Leipzig erfolgt seine Entpflichtung als Präsident. Nachfolger wird Adolf Pawlitta. Zur Arbeit des bisherigen Präsidiums findet der Berichterstatter Weinitschke in Schach Nr. 8, 1953, nur wenige schmeichelnde Worte: „Zwar sind die wissenschaftlich grundlegenden, auf dem Boden des Materialismus stehenden Ausführungen des bisherigen Präsidenten, Prof. Dr. Georg Klaus, Berlin, eine bemerkenswerte Neuschöpfung von Betrachtungen über das Schachspiel, die breitesten Kreisen zugänglich gemacht werden müssen, doch damit erschöpfte sich bereits die Tätigkeit des Präsidenten. Daran ändert auch nichts die oftmals erfolgte Delegierung ins Ausland, von denen weder die Präsidiumsmitglieder noch die große Zahl der Schachsportler irgend welche Auswirkungen verspürten oder Anregungen für ihre weitere Arbeit erhielten. Von seinem letzten Besuch in Moskau, anläßlich des Weltmeisterschaftskampfes Smyslow-Botwinnik, hat die Sektion noch keinen Bericht erhalten, welcher nutzbringend ausgewertet werden könnte. Diese Nebenfunktion des stark mit wichtigen Arbeiten an der Humboldt-Universität beschäftigten Professors konnte natürlich nicht befriedigen. Sie erbrachte aber immerhin wieder einmal die Erkenntnis, daß nicht allein Name und Stellung in jedem Falle für alles bürgt.“ Von nun an verlieren sich die Spuren des aktiven Schachspielers und Schachfunktionärs Georg Klaus. In seinen unzähligen Publikationen zieht er dennoch gerne Beispiele aus dem Schachspiel zur Verdeutlichung logischen Denkens heran, am deutlichsten demonstriert in seiner Abhandlung über Emanuel Lasker in Zusammenhang mit seinen Arbeiten zur Spieltheorie. Eine sehr persönliche Komponente enthalten seine Ausführungen zum Strategiebegriff innerhalb der Spieltheorie, wenn er zur Verdeutlichung der Thematik die Abbildung einer Schach-Meisterpartie neben jene einer Karte der Schlacht bei Kursk 1943 plaziert. Am Rande der XVI. Mannschafts-Weltmeisterschaft der Studenten im Schach in Dresden (1. bis 17. August 1969), kommt es zum vorläufig letzten direkten Verweis auf Georg Klaus’ Beziehung zum Schachspiel. In einem Interview mit dem Presseleiter der WM, Klaus Metscher, gibt Klaus Auskunft über seine Einstellung zum Schachspiel. Dabei wird erwähnt, daß Klaus selbst jahrelang ein ausgezeichneter Schachspieler war. Dieses Interview wird leicht verändert in drei verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht.

Der auch international hochgeachtete Philosoph Georg Klaus stirbt am 29. Juli 1974 nach langjähriger schwerer Krankheit im 61. Lebensjahr.

Fritz Hoffmann, Weißenfels, teilt mit, daß 1987 von der Zeitschrift URANIA in Ost-Berlin ein Georg-Klaus-Gedenkturnier anlässlich dessen 75. Geburtstag veranstaltet wurde. Es handelte sich dabei um ein Thematurnier im Problemschach. Es war das dritte der drei von der URANIA organisierten internationalen Thematurniere (1980, 1984 und 1987). Hoffmann leitete von 1978 bis 1991 die Schachkolumne der URANIA. Am Gedenkturnier beteiligten sich 56 Autoren aus 18 Ländern mit 110 Kompositionen.

Es ist uns bislang kein gutes Photo von Klaus bekannt. Wer kann ein solches beisteuern?

183. London 1851 (erschienen in Schach 2/2003).

Der folgende Brief Howard Stauntons anlässlich des Turniers in London 1851 dokumentiert gut, wie angesehen der deutsche Diplomat und Schachgroßmeister Tassilo von Heydebrand und der Lasa war. Siehe Schachzettel 177.

Der vierseitige Brief liest wie folgt:

8 Sydney Place Brompton London

My dear Mr. Heydebrant.

Some days since being myself a great invalid, I requested Mr. Horwitz (10.5.1807-29.8.1885, Anm. HB) to make known to you the promising results of our endeavour to promote a great Chess Congress in London, during the coming Spring, and to convey the expression of our anxious desire that you would afford us the incalculable advantage of your presence on this interesting occasion. The moment I am enabled to resume my pen, I hasten to add my personal and particular solicitations that for the sake of that game for which you have done so much and

I may add, sacrificed so much, you will not suffer any surmountable impediment to prevent your being present. At this striking and unique assemblage – already from all parts of England from France, from India & America we have the most gratifying manifestations of sympathy and support, and on all sides there is an anxious longing expressed to hear that you will take part in a Congress so thought with important consequences to the future prosperity of Chess. Do my dear Sir, exert yourself to gratify the wishes

of the Chess Community – I wrote to you some weeks ago an account of our early proceedings through our dear lost friend Mr. Schumacher (3.9.1780-28.12.1850, Anm. HB) but his illness prevented him communicating with you. In a few days I will send you a programm of the intended assemblage – but in the meantime, I entreat you to give me the assurance that you will join us. That assurance will induce hundreds to join our standard and infuse the greatest animation through all ranks of play both here and abroad – Should you determine to come, I will take care that you are subjected to no

inconvenience on the score of a residence. London will doubtless be disagreeably full & I have many visitors but on hearing of the month when you purpose coming I will take you comfortable apartments in the neighbourhood of the town – and on your arrival will meet you in company of Mr. Horwitz to convey you from the Railway to my house and from thence to your own.

Anxiously awaiting your reply and with best compliments I subscribe myself my dear Sir faithfully yours

H. Staunton.

Herr von Heydebrant and der Lasa

Jany. 30th1851.

Ein Facsimilé-Druck, limitiert (50 Ex.) und numeriert, kann für 50.- Euro von uns angefordert werden.

184. Stefan Zweig

Stefan Zweig-Freunde finden in dem von Ingrid Schwamborn herausgegebenen Buch Die letzte Partie, Stefan Zweigs Leben und Werk in Brasilien (1932-1945), Aisthesis Verlag, Bielefeld 1999 (403 S.) eine Fülle von in der breiteren Öffentlichkeit unbekannten Informationen zur Entstehungsgeschichte der Schachnovelle. Interessant sind u.a. auch zwei Interviews, die die Herausgeberin mit Erich Eliskases und Miguel Najdorf (in Deutsch) führte sowie eine umfangreiche Bibliografie.

Stefan Zweig verwendete als Vorlage für seine Schachnovelle eine in Bad Pistyan 1922 zwischen Alexander Aljechin und Efim Bogoljubow gespielte Partie, welche unentschieden endete. Die Partie kommentierte Tartakower in Die hypermoderne Schachpartie, Wiener Schachverlag, Wien 1925.


Aljechin, Alexander – Bogoljubow, Efim [C84]
Bad Pistyan 1922



1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 Le7 6.Sc3 b5 7.Lb3 d6 8.a4 b4 9.Sd5 Sa5 10.La2 Sxd5 11.Lxd5 c6 12.La2 c5 13.c3 Tb8 14.Ld5 0-0 15.d4 exd4 16.cxd4 c4 17.Le3 Le6 18.Lxe6 fxe6 19.d5 e5 20.Tc1 Dd7 21.Sg5 Lxg5 22.Lxg5 Tbc8 23.De2 h6 24.Lh4 Tf7 25.Lg3 Dxa4 26.f4 exf4 27.Lxf4 Db5 28.Lxh6 c3 29.Dg4 Dd7 30.Dxd7 Txd731.bxc3 bxc3 32.Ld2 Tdc7 33.Lf4 Sb3 34.Lxd6 Tf7 35.Txf7 Sxc1 36.Tf1 Sd3 37.La3 c2 38.d6  Das ist die Stellung, in der die gemeinschaftlich gegen Centowitz spielenden Schachfreunde Hilfe von dem geheimnisvollen Fremden bekommen. Er rät ab 38. c2-c1 zu spielen. 38…Kh7 39.h4 Tc4 40.e5 Sxe5 41.Lb2 Tc8 42.Tc1 Sd7 43.Kf2 Kg6 44.Ke3 Tc645.Ld4 Sf6 46.Kd3 Txd6 47.Txc2



185. Dawid Daniuszewski

Die folgenden Angaben verdanken wir Tomasz Lissowski (siehe auch: Tomasz Lissowski und Victor Tcharuschin, Daniuszewski – unbekannter Rivale Aljechin’s, Wydawnictwo Szachowe Penelopa, Warschau 1999 (in Polnisch).

Das kleine Städtchen Lodz entwickelte sich am Ende des XIX. Jahrhunderts zu einem großen Industriezentrum, das zu den größten im damaligen Russisch-Polen gehörte. Die Einwohner der neuen Metropole waren ethnisch zu jeweils etwa einem Drittel polnischer, deutscher und jüdischer Abstammung.

Der Lodzer Schachverein entstand im Jahre 1903. Zu den ersten Mitgliedern gehörte auch der junge und begabte Spieler Dawid J. Daniuszewski. Schon im Gründungsjahr des Lodzer Schachvereins 1903 führte er zusammen mit dem Deutschen Augustus Mund die Schachrubrik in der „Neue Lodzer Zeitung“. Über das Geburtsjahr und die Jugendjahre Daniuszewski’s ist fast nichts bekannt. Die von J. Gaige (McFarland, Jefferson 1987) angegebenen Geburtsdaten (1890 bzw. 1887) scheinen unrichtig spät zu sein.

Im Jahre 1906 belegte Daniuszewski einen ausgezeichneten zweiten Platz in der stark besetzten Vereinsmeisterschaft des Lodzer Klubs hinter Rubinstein. 1. Rubinstein 9/12, 2. Daniuszewski 8, 3. Salwe 7,5, 4. Mund 6,5, 5-6. Kuczynski und Rotlewi – beide 5,5, 7. Korolewicz.

Daniuszewski nahm auch an den Turnieren in Ostende 1907, in Lodz 1907 (=5. All-Russische Meisterschaft) sowie in St. Petersburg 1909 (Tschigorin-Memorial, Nebenturnier für Amateure) teil, wo er den noch sehr jungen Aljechin besiegte und den 4. bis 6. Platz teilte.

Die Kriegsjahre 1915-1918 verbrachte Daniuszwewski in Russland. Er war mit einem nicht näher bekannten Amt oder Betrieb vor dem Einmarsch der deutschen Truppen Mitte 1915 evakuiert worden. Aus diesem Grund sehen wir ihn wieder zusammen mit seinem Freund Augustus Mund auf der Liste der Teilnehmer der Ersten Meisterschaft der neu entstandenen Sowjetunion (Moskau 1920). Erst einige Jahre später kehrte er nach Polen zurück.

Dawid Daniuszewski spielte 1925 für Polen in der Schach-Olympiade in Paris und nahm an der zweiten Meisterschaft Polens (Lodz 1927) mit durchschnittlichen Ergebnissen teil. In den folgenden Jahren war er schachpraktisch weniger aktiv. Als inoffizieller Vereinschronist bearbeitete er 1938 die Festschrift des Schachvereins Lodz.

Zur Zeit der Besetzung Polens durch die Deutsche Wehrmacht lebte er eingeschlossen im Ghetto von Lodz. Im Februar 1944 lebte Daniuszewski noch, was eine eigenhändige Notiz auf einem Buch-Umschlag, das seinen Besitzer überlebte (libelli fatas sua habent), belegt.

  1. Ikea-Schachtisch im Angebot (erschienen in Schach 3/2003).

Wir mussten erneut unsere Bibliothek umräumen und hierzu einige Bücherregale hinzukaufen, die wir wie immer günstig bei Ikea in Wallau-Massenheim bei Wiesbaden einkauften. Da fiel uns ein unscheinbarer, als Küchentisch deklarierter Schachtisch auf, der unter dem Artikelnamen „Kangis“ statt für 135.- Euro für 49.- Euro angeboten wurde.

Der Schachtisch ist in lackiertem Weiß gehalten und mit einer eingelegten Glasplatte versehen, die unterschiedliche einlegbare Muster u.a. ein Mensch-ärgere-Dich-nicht Spielfeld und ein Schachbrett mit den Maßen 50,5 x 50,5 cm und 64 Spielfelder mit einer Fläche von jeweils 6,3 x 6,3 cm bedeckt. Der Tisch ist 75 cm hoch. Die an den Ecken abgerundeten Tischkanten umfassen eine Fläche von 75 x 75 cm und verbergen zwei gutgängige mit einer Schienenmechanik versehene Schubladen, die, durchaus praktisch für einen Spieltisch, ausreichenden Platz zur Unterbringung des Spielmaterials oder anderer Utensilien bieten. Der Spielsatz besteht aus 16 weißen und 16 schwarzen, quaderförmigen Spielsteinen, deren Bedeutung im Spiel analog der bekannten Steckschachspiele auf der nach oben weisenden Fläche der Steine einlackiert sind. Dabei sind jeweils vier der im Schachspiel als Bauern gekennzeichneten Spielsteine auf der dem Bauernsymbol entgegengesetzten Seite mit den Farben Gelb, Rot, Blau und Grün versehen, sodaß diese Steine, wenn sie herumgedreht werden, auch gleichzeitig als Mensch-ärgere-Dich-nicht Figuren benutzt werden können. Zwei Würfel liegen ebenfalls bei. Die Standfläche jedes Spielsteines misst 2,5 x 2,5 cm, während die Höhe der als Bauern gekennzeichneten Quader 4 cm, die Höhe von Dame und König 6 cm und die Höhe der Offiziere 5 cm beträgt. Der Tisch ist ebenso wie der hinzugelieferte Spielsatz wohlproportioniert und von einem eigenen ästhetischen Reiz.

Der Aufbau des Tisches, der wie bei Ikea-Produkten üblich, in Eigenarbeit zu bewerkstelligen ist, ist einfach und beschränkt sich auf die Montage der Tischbeine, wobei nach getaner Aufbauarbeit, das eigentümlich befriedigende, sich nur bei Ikea-Produkten aufkommende Gefühl einstellt, es sei eben doch an einem der geborene Schreiner und Innenraumarchitekt verlorengegangen.

Alles in allem stellt der „Kangis“ von Ikea für 49.- Euro ein auf jeden Fall zu empfehlendes Schachtisch-Schnäppchen dar, das bei Verwendung anderer Spielfiguren durchaus auch als Turniertisch benutzt werden kann.

  1. 125 Jahre Deutscher Schachbund (erschienen in Schach 4/2003).

Wir haben in Schach, Hefte 6, 7, 9 und 10 des Jahres 2002 (siehe auf diesen Netzseiten auch unter Schachbund Geschchichte Teile 1, 2, 3a und 3b) über die Geschichte des Deutschen Schachbundes schreiben können. Es musste vieles noch offen bleiben, da die Quellenlage insbesondere in einigen Teilbereichen nur sehr dürftig ist. Der Aspekt der angeblichen Auflösung des DSB (zwangsweise, freiwillig?) auf dem Kongress in Bad Pyrmont im Juli 1933 verdient dabei besondere Beachtung. Ernst Bedau, Referent für Breitensport im DSB stellte uns Kopien der Akten des Registergerichtes Coburg zur Verfügung, aus denen hervorgeht, daß die Verantwortlichen an der Spitze des GSB erst Ende des Jahres 1934 die Auflösung und Löschung des DSB erreichen konnten, da das Registergericht in Coburg sich der zunächst von Studienrat Zander mit Schreiben vom 2. August 1933 beantragten Löschung des DSB aus dem Register in Coburg mit dem Argument widersetzte, es seien sowohl DSB-Satzung als auch Bestimmungen des BGB nicht beachtet worden. Wir geben das diesbezügliche Antwortschreiben des Amtsgerichtes in Coburg wörtlich:

 

„Amtsgericht, Registergericht

Betr. Deutsche Schachbund e.V. Ver. Reg. 9

Coburg, 11. September 1933

Mit Schreiben vom 2.8.1933 haben Sie die Löschung des hier eingetragenen Vereins: „Deutscher Schachbund“ e.V. in Coburg unter Mitteilung von hierauf bezüglichen Unterlagen beantragt. Zu ihrer Legitimation fügten Sie eine beglaubigte Abschrift der Ihnen vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda zugegangenen Anweisung bei.

Es diene Ihnen zur Kenntnis, dass auf Grund der von Ihnen eingereichten Schriftstücke eine Eintragung in das Vereinsregister nicht möglich ist, weil teils Vorschriften des BGB, teils die Vorschriften der Satzung nicht beachtet worden sind.

Vorausgesetzt, dass Sie zum Liquidator des Vereins bestellt worden sind, wollen Sie eine Abschrift des Beschlusses der Mitgl. Versammlung über die Auflösung, sowie über die Bestellung des Liquidators beibringen.

Eine Löschung des Vereins kann jedoch auch nicht in Betracht kommen, weil die Voraussetzungen hierzu nicht vorliegen. Vorerst bedarf es der Eintragung der Auflösung und des Liquidators nach entsprechendem Antrag. Eine Fusion des Vereins mit einem anderen Verein kommt auch nicht in Betracht, weil die Literatur über das Vereinsrecht dies ablehnt. Es muss daher erst die Auflösung kommen, dann bedarf es einer Bekanntmachung des Liquidators mit der Aufforderung an die Gläubiger, sich zu melden und erst nach Ablauf eines Jahres von dieser Bekanntmachung an, kann u.U. die Liquidation beendet sein. Ein Eintrag hierüber erfolgt jedoch nicht. Nach § 46 Statuts muss auch der Beschluss über die Verwendung der Vereinsvermögens vor dem Beschluss über die Auflösung des Vereins gefasst werden. Ob ihre Erklärung, dass Sie den Verein für aufgelöst erklären, rechtswirksam geworden ist, nachdem hierfür nur die MitglVersammlung zuständig ist, mag dahingestellt bleiben. Auf alle Fälle dürfte wohl keine Veranlassung vorgelegen haben, die Satzung, bezw. Die Vorschriften des BGB zu übergehen; denn die Auflösung konnte gleichfalls auf Grund der bestehenden Vorschriften aufgelöst werden.

Ich darf wohl um Äusserung über die vorstehenden Beanstandungen und Bedenken binnen 2 Wochen bitten.

Unterschrift (Kublhammer?) Justizinspektor als Rechtspfleger.“

Mit Schreiben vom 14.9.1933 antwortete der zwischenzeitlich zum Regierungsdirektor beförderte Zander:

„An das Amtsgericht, Registergericht, Coburg

Zu der Verfügung vom 11. September 1933 betr. Deutscher Schachbund e.V., Ver. Reg. 9:

Eine den Vorschriften der Satzung und des B.G.B. entsprechende Auflösung des Deutschen Schachbundes e.V. war nicht möglich. Dieser Bund stand bis zum April 1933 unter Leitung eines jüdischen Vorsitzenden und hatte einen marxistischen Einschlag. Der Überführung zum nationalsozialistischen Prinzip wurden erhebliche Widerstände entgegen gesetzt. Meine Vollmacht ist mir vom Herrn Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda gerade zu dem Zwecke erteilt worden, dem eingetretenen Zustande der Verwirrung, der Eingriffe von verschiedenen Stellen, der örtlichen Auflösungen und Zerstörungen, der Festnahmen und Beschlagnahmen, ein Ende zu bereiten und das Schachtum durch autoritative Massnahmen in den nationalsozialistischen Staat einzugliedern. Die Beseitigung der 6 bestehenden Sonderbünde für Schach bildete die Vorbedingung für die mir aufgegebene Ordnung der Schachverhältnisse unter einheitlicher Führung. Nachdem die beiden Arbeiterschachverbände aus politischen Gründen polizeilich aufgelöst waren, der frühere Vorstand des Deutschen Bundes sich aber einer Verschmelzung zu einem Einheitsbunde widersetzte und den Austritt des Deutschen Schachbundes und der Schachvereinigungen im Deutschen Handlungsgehilfen-Verband aus dem Grossdeutschen Schachbunde, dem beide Organisationen sich bereits angeschlossen hatten, veranlasste, war bei einer Abstimmung in der Mitgliederversammlung auf Annahme der Auflösung in der satzungsgemässen Form nicht zu rechnen. Zur Ausführung des mir erteilten Auftrages blieb daher nur der eingeschlagene Weg, der auch in tatsächlicher Beziehung einen völligen Erfolg hatte, denn sämtliche 21 Landesverbände des Deutschen Schachbundes haben sich unter den von mir bestätigten Leitern in den Grossdeutschen Schachbund eingefügt, der Deutsche Schachbund besteht nicht mehr.

Ich bitte bei dieser Sachlage um weitgehenden richterlichen Beistand für die zur Herstellung der Ordnung im nationalsozialistischen Staate auf dem Gebiete des Schachs notwendig gewesene Aktion.

Zander komm. Regierungsdirektor beim Oberpräsidenten (sic).“

Daraufhin legte der Justizinspektor des Registergerichtes den Vorgang am 22.9. 1933 dem Amtsgerichtsrat Dr. Brecheler vor. Dieser interpretierte das Schreiben Zanders durchaus wohlwollend als Antrag auf Löschung des DSB auf Grund der von Zander behaupteten „linksgerichteten Einstellung“ des DSB und fragte am 23. 9. 1933 beim Sonderkommissar des Bezirksamtes Coburg an, „auf Grund welcher Vorschriften“ … „eine Auflösung linksgerichteter Vereine“ erfolgen könne. Doch die Antwort vom 12.10.1933 zeigte keinen hinreichenden Weg zur Auflösung des DSB bzw. dessen Löschung im Vereinsregister auf, sodaß Amtsgerichtsrat Dr. Brecheler mit Schreiben vom 27. November 1933 zunächst einen möglichen anderen Weg zur Auflösung des Vereins wies:

 „Nach §73 BGB kann der Vorstand eines eingetragenen Vereins beim Registergericht den Antrag auf Löschung eines Vereins beantragen halten, wenn die Zahl der Mitglieder unter drei gesunken ist“, dann aber mitteilte: „Eine andere Veranlassung zur Löschung des Vereins ist nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht möglich“.

Jetzt nahm sich Post der Sache an und antwortete am 29. Januar 1934:

 „In der Frage der Löschung des Deutschen Schachbundes danke ich für das Entgegenkommen, das Sie mir mit der Bereitwilligkeit bewiesen haben, die Löschung bei einer Erklärung, dass keine drei Mitglieder mehr vorhanden sind, vorzunehmen. Der Plan ist leider nicht durchführbar, da Herr Hammer-Dresden Schwierigkeiten macht. Ich möchte nun nach einem anderen Plan handeln ……“.

Posts Plan sah vor, mit großangelegten Stimmrechtsübertragungen zu arbeiten und eine erneute Bundesversammlung einzuberufen, auf der dann die Auflösung und Liquidation des DSB beschlossen werden sollte. Tatsächlich weisen die Akten des Registergerichtes Coburg aus, daß Post eine erneute Bundesversammlung für den 28. Oktober 1934 nach Berlin einberief. In dieser Versammlung erfolgte ausweislich des vorliegenden Protokolles die Auflösung des DSB. Als Liquidator war vorher Karl Miehe bestellt worden. Das Vermögen des DSB ging auf den GSB über. Laut Protokoll waren von 9765 Mitgliedern des DSB 9465 auf der Versammlung vertreten.

Es ist wahrscheinlich, daß in Wahrheit keine echte Mitgliederversammlung stattgefunden hat, sondern daß die Veranstaltung lediglich dazu diente, den formalen Anschein der Gesetzmäßigkeit zu wahren, um endlich beim Registergericht in Coburg die Löschungsbewilligung zu erhalten. Das Registergericht nahm die Löschung des Eintrages bezüglich des DSB am 2. November 1934 vor.

Post und Zander hatten endlich freie Hand.

Hier enden die Schach-Zettel, welche von 1994 bis 1997 (alte Serie) und  2002 bis 2003 (neue Serie) erschienen sind. Die Schach-Zettel bieten ein reizvolles Panoptikum des Schachspiels als kultureller Betätigung mit sportlichen Elementen. Sie sind infolge der Quellenangaben auch im Jahre 2019 gerne genutzter Ausgangspunkt für weitere Studien und Nachforschungen.

Unverändert bitten wir Sie, alle Zuschriften per email zu richten an: Hallo@Ballo.de