Chapais (Version Allemande)

Ein verkanntes Manuskript: Das Manuskript von Chapais

von

Dr. med. Jean Mennerat

Paris

In’s Deutsche übertragen von Harald E. Balló

« I used to play chess a great deal, studied chess theory assiduously: I became obsessed with the endgame,…The endgame, to a complete amateur like myself, is the highest form of chess. The board is clear of all the useless lumber of the game’s earlier stages; there is a marvellous lucidity and harmony in the play; above all, the risks are at their greatest – the smallest slip precipitates total ruin, with the enemy’s passed pawns sweeping unstoppably on. …What can the State know of the beauty of the chess-pieces arranged on the board, the invisible lines of possible play radiating in every direction, the perfect balance that the least breath will upset ? »

(Bernard Levin. Daily Mail December 1965. Artikel anläßlich der Eröffnungssitzung des Kongress Hastings 1965).

Ich habe Chapais vor dem Krieg, als ich noch Student war, ‚kennengelernt‘. In einem Pariser Antiquariat fand ich damals das zweibändige Werk von Henri Delaire „Les Echecs Modernes“. Im ersten Band (1914) findet sich eine interessante Bibliografie. Auf der Seite 91 steht: „Chapais – Essais analytiques sur les Echecs – Paris 1780“.

Vergeblich habe ich alle Buchhändler und Antiquariate des Quartier Latin nach diesem Buch durchsucht: Niemand hatte von diesem Buch etwas gehört. Erst später fand ich in der siebten Auflage von Bilguers Handbuch (1891), das ich für einige Francs erworben hatte, im zweiten Teil: „Das Endspiel“, daß das ungefähr im Jahre 1780 aufgesetzte Manuscript im Besitz des deutschen Diplomaten Tassilo von Heydebrand und der Lasa war. So sehr ich mich auch freute, endlich eine weitere Mitteilung über das Chapais’sche Werk gefunden zu haben, wußte ich damit aber auch, daß ich es nie würde erhalten können. Und erst kürzlich, mehr als vier Jahrzehnte sind vergangen, konnte ich eine Kopie erwerben.

Dieses Manuskript ist nie komplett herausgegeben worden, trotz der von von der Lasa verfaßten Notizen. Sicher erscheint, daß von der Lasa das Buch von Chapais gelesen hat, obwohl Chapais eine „diabolische“ Notation verwendete. Von der Lasa, der das „Handbuch“ mitbegründete und zunächst gemeinsam mit von Bilguer erstellte, schrieb das erste Mal in der vierten Auflage (1864), Buch II, Abschnitt III, Absatz 2 „König und Thurm gegen König, Thurm und Läufer“ Seite 499 des Handbuches über eine Variante der Stellung N° 1 (Philidor), Fußnote 2: „In einem in unserem Besitz sich befindenden französischen Manuscript von Chapais ..“. Auch auf den Seiten 500, 501 und 502 ist Chapais erwähnt.

Darüberhinaus wird Chapais auch im Abschnitt V Absatz „Beide Springer gegen König und Bauern“ mit Diagrammen III und IV, auf den Seiten 540 -541 zitiert. Auch liest man im Abschnitt VI, Absatz 5 „Drei freie Bauern gegen den König auf der einen und andern Seite“, Seite 564: „Uebrigens ist uns seitdem noch eine fernere Abhandlung über dieses Problem bekannt geworden, welche in einem vom Herausgeber 1855 erworbenen französischen sehr ausführlichen Folio-Manuscripte von M. Chapais, négociant à Paris (ohne Jahr aber nach 1777 aufgesetzt) über die üblichen Endspiele, von S. 163 – 202 enthalten ist.“

Und auf Seite 573 über die von Ercole del Rio korrigierte Greco-Stellung findet sich: „Dieser Gewinn ist auch in dem vorerwähnten Manuscript von Chapais S. 199 angezeigt, welches zugleich die übrigen Fehler des Calabresen rügt!“

Einige Jahre vorher hatte von der Lasa einen Wettbewerb über die Lösung einer von Chapais‘ Stellungen (Ka2, Se3 und h3 gegen Kh5, Bh4) anlässlich des Kongresses des Westdeutschen Schachbundes in Düsseldorf im September 1862 vorgeschlagen. Der Wettbewerb wurde von B. von Guretzky-Cornitz gewonnen (Jahrbuch des Westdeutschen Schachbundes 1863, Seiten 18 bis 27 und Deutsche Schachzeitung Okt. – Nov. 1863, Seiten 306 bis 315). Er hatte auch zwei Artikel in der Deutschen Schachzeitung geschrieben: 1862 Okt.-Nov., Seiten 290 bis 293: „Matt in 60 Zügen, von Chapais“ und im Dezember-Heft 1862, Seiten 356 bis 359: „Das Endspiel der beiden Springer“ mit Chapais‘ Lösung und Kommentar.

Chapais wurde fast unverändert in allen Auflagen des Handbuches erwähnt bis zur 8ten Auflage, in der J. Berger, Autor des Zweiten Bandes, „Das Endspiel“ über die drei Stellungen König und 2 Springer gegen König und Bauern von Chapais schrieb. Er unterstrich die theoretischen Forschungen von Troitzky und von v. Guretzky-Cornitz und erwähnte die Lösungen von Paul Jahn, H.F.L. Meyer und O.D. Henry.

Wahrscheinlich hat von der Lasa das Manuskript in Paris gekauft. Im Jahre 1855 war er Diplomat in Brüssel und fuhr im Sommer nach Paris, wo er mehrere Schachpartien mit Arnous de Rivière spielte (Deutsche Schachzeitung 1855, Seiten 250 bis 252).

Das Manuscript wird erstmals in dem autographierten Verzeichnis der Bibliotheken von v.d. Lasa und R. Franz: „Kurzes Verzeichnis der Schachbibliotheken von v.d.Lasa und R. Franz in Berlin 1857“, Haag den 1ten September 1857 (8 Seiten, zweispaltig), Verzeichnis erarbeitet von v. d. Lasa, erwähnt. Auf der Seite 2 ist unter der Nummer 46b zu lesen: „Chapais, fol. M.S. sur les fins de partie, breit aber recht gut, ungefähr 1780 (v. d. Lasa)“. Dieses Verzeichnis wurde nur in drei Exemplaren herausgegeben: „Es existiren (sic) nur ein paar Exemplare dieses autographierten Verzeichnis’. Eines befindet sich bei Herrn Franz, ein anderes bei Herrn Allend (sic)“. (Erwähnung von v. d. Lasa am Ende des Verzeichnis’)“.

Nun kann man sich fragen, warum von der Lasa keine anderen Stellen aus dem Manuscript von Chapais erwähnte, da er doch die Auflage des Handbuchs bis zur 5ten Auflage (1874) erledigt hatte, und erst im Jahre 1899 nach dem Erscheinen der 7ten Auflage, welche von Schallop bearbeitet worden war, gestorben ist. Erstaunlich ist dabei auch, daß er es nicht unternommen hat, das komplette Manuscript in toto zu veröffentlichen. Allerdings war von der Lasa ein mehr schöpferischer Autor und vielleicht ist hierin ein Grund zu suchen. Das Verzeichnis seiner Schriften enthält nicht weniger als 110 Titel (Bücher und Artikel). Dabei ist dieses Verzeichnis unvollständig, weil die in ausländischen Zeitschriften veröffentlichten Artikel und Briefe (z.B. ab 1843 in „The Chess Player’s Chronicle“) nicht enthalten sind. Meines Wissens nach hat er keinen Artikel über das in seinem Besitz befindliche Manuscript geschrieben. Vielleicht war er von der schwer lesbaren Notation und der Herausforderung, 523 dünn und dicht beschriebene Seiten zu entziffern, entmutigt worden ?!

Deshalb war dieses Manuscript in der Praxis nur durch die drei Stellungen König und beide Springer gegen König und Bauern berühmt und bekannt geworden. Man kann sich hier an J. Berger, A. Troitzky, M. Lamare, A. Chéron, L.L. Rabinowitsch, D.O. Herbstmann, E. Voellmy, I. Maisezlis, O. Nedeljkovic, M. Euwe., J.H. Donner, A.J. Roycroft, C. Bijl halten. Mit der Ausnahme von Herrn Doktor Carlos R. Lafora, der in seinem Buch „Dos Caballos en combate“ das Chapais’sche Werk wirklich würdigt, erwähnen die meisten Autoren Chapais lediglich mit Namen. Und außer den oben genannten Autoren, ist allen anderen Autoren, die über das Endspiel geschrieben haben, der Name und Autor Chapais vollkommen unbekannt. Lediglich van der Linde zitiert in dem ersten Band seines großen Werkes „Geschichte und Litteratur des Schachspiels“ (1873), auf Seite 414-415 in sieben Zeilen: „Chapais Essais-analytiques // sur // les Echecs, avec figures // par M. Chapais, Negociant à Paris // Folio.2 Bll.(Table des fins de partie traitées dans ce volume) + (524) Seiten + 2 Bll. (Rösselsprünge). Handschrift in der Bibliothek des Herrn von der Lasa, geschrieben um 1780 (Philidor 1777 ist berücksichtigt), die nur Spielendungen enthält, aber sehr weitläufig angelegt und mit der erschrecklichen Nummerierung des Brettes von 1 bis 64 geschrieben ist. Der Autor muss ein ganz vorzüglicher Kenner der Spielendungen gewesen sein.“ Dies zeigt, daß van der Linde das Manuscript in seinen Händen gehabt haben muß oder daß er zumindest einen Bericht von v.d. Lasa bekommen hatte.

In welcher Zeit hat Chapais sein Manuscript verfaßt ?

Gewiss nach 1777, dem Datum der 2ten Auflage des Philidor. Die Morphologie der Buchstaben, die Rechtschreibung, die Satzstellung sowie der Stil kennzeichnen die Arbeit als ein Werk aus dem letzten Viertel des 18ten Jahrhunderts.

In welcher Absicht wurde das Manuscript erstellt ?

Sicherlich sollte das Buch auch gedruckt werden. Urteilt man nach der sorgfältigen „Kalligraphie“ des Manuscripts kann man denken, daß es für den Buchdrucker bereits vorbereitet war. Im Vorwort findet man auch: „Quelques amis en différens tems lui ayant demandé les Résultats de plusieurs fins de parties … „. Darüberhinaus hat man auch gar nicht den Eindruck, daß das Manuscript nur für seinen Autor selbst geschrieben worden ist.

Warum wurde es nicht gedruckt ?

Wahrscheinlich hat die Französische Revolution das Projekt des Autors verhindert. Entweder aufgrund der Unruhen des revolutionären Sturms oder aufgrund des Verschwindens von Chapais. Mußte er fliehen oder wurde er gar ein Opfer der „Dame“ Guillotine ?

Wer war Chapais ?

Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich weiß es nicht. Bisher habe ich keine Spur von ihm in Paris finden können. Er war sicherlich Kaufmann und Händler aber sein Stil, die Flüssigkeit seiner Rede, der Gebrauch des Lateinischen und des Griechischen, weisen ihn als gebildeten Menschen aus. Wahrscheinlich hielt er sich oft im Café de la Régence auf. Wenn sein Name nicht in der Geschichte auftaucht, so wie die Namen von Carlier, Léger, Bernard und Verdoni, so liegt dies vielleicht daran, daß er wie so manch anderer Schachamateur das Vergnügen der Analyse dem Wettstreit am Brett vorzog. Seine „Essais analytiques“ können dies erweisen. Heute ist dieses Vergnügen auch dasjenige der Liebhaber von Endspielstudien.

Das Werk von Chapais besteht aus einem etwa 30 x 21 cm großen Manuscript, sorgfältig geschrieben, mit dünner und regelmäßiger Schrift auf Seiten mit 33 Linien. Es hat eine Titelseite, zwei Seiten für das Vorwort und Inhaltsverzeichnis, 524 dicht beschriebene Textseiten und 29 Bretter mit 69 Figuren ohne allerdings Diagramme zur Illustration der studierten Stellungen zu benutzen.

Chapais verwendet eine eigens von ihm geschaffene Notation.

Wie bereits erwähnt umfasst die Handschrift 524 von der Hand des Schreibers nummerierte Seiten; hinzu kommen zu Beginn des Textes drei nicht nummerierte beschriebene Blätter, die den Titel und das Inhaltsverzeichnis enthalten. Ferner findet man vor dem Titelblatt und am Ende des Werkes je ein leeres Blatt. Auch die eingelegten Figurentafeln tragen keine Seitenzahlen.

Außer der ersten Lage sind die Lagen des Manuskriptes auf der unteren rechten Ecke der ersten Hälfte der Blätter mit den entsprechenden Buchstaben von B bis Bbbii signiert. Das Papier der Handschrift besteht aus feinem, gerippten Büttenpapier und weist auf der linken Bogenhälfte das folgende Wasserzeichen auf: FIN//A.GRILAND//POITOU//1772 wohingegen die rechte Bogenhälfte das nebenstehend abgebildete Wasserzeichen trägt.

Die Blätter sind 30 cm hoch und 21 cm breit. Dabei beträgt die Größe des beschriebenen Raumes fast durchweg 24 x 15,5 cm. Die Handschrift ist, den Einband mitgerechnet, etwa 4,9 cm stark währenddessen sie ohne den Einbanddeckel etwa 3,5 cm mißt. Der Einband besteht aus starken Pappdeckeln, die mit kräftigem, rotbraunen Wildleder überzogen sind. Der Rücken, der in sechs Felder unterteilt ist, zeigt auf den Feldern eins sowie drei bis sechs jeweils eine in goldgepresste Ornamentik. Auf dem Feld zwei steht der Titel in prächtigem Golddruck: ESSAIS//SUR LES//ECHECS.

Die Innenseiten der Einbanddeckel sind mit rot-blau-gelb-grün-weiss marmoriertem Vorsatzpapier beklebt. Es folgt ein Schmutzblatt aus demselben bunten Papier, das auf der nach innen gerichteten Seite Weiss überklebt ist. Auf der Innenseite des Vorderdeckels befindet sich in der linken oberen Ecke das Exlibris mit dem Wappen der Familie von Heydebrand und der Lasa. Dieses Exlibris trägt links oben die Signatur: N° 500/(584) MS sowie links unten die Zahl: 1889. Rechts unten findet man das Autogramm: v. Lasa. Darüber hinaus findet man das Wappen in der Mitte des vorderen, weißen Schmutzblattes sowie in der rechten unteren Ecke der Vorderseite des Titelblattes. Einige Bemerkungen, die mit blauer Tinte oder Bleistift handschriftlich eingefügt worden sind, rühren sämtlich von von der Lasa her. Die Handschrift ist im Ganzen von einer einzigen Hand geschrieben und weist regelmäßige, feine, fast schön anmutende Züge auf wobei Schreibversehen. selten auftreten.

Das Manuscript mit dem Titel „Essais analytiques sur les Echecs, avec figures, von M. Chapais, négociant à Paris“ ist in der Tat ein Lehrbuch über Endspiele. Der Autor sagt anspruchslos im Vorwort: „L’auteur de ces Essais n’a jamais eu le dessein de donner un Traité du jeu des Echecs: Quelques amis en différens tems lui ayant demandé les Résultats de plusieurs fins de parties susceptibles de difficultés, il s’est contenté de Répondre à leurs Question, sans prétendre absolument tout aprofondir.“

Tatsächlich studiert Chapais die folgenden Endspiele:

Könige und Bauern

König und Bauer gegen König und Dame

König und Turm gegen König und Springer

Läufer gegen Springer

König, Läufer und Bauer

gegen König

gegen König und Bauern

gegen König und zwei Bauern

König und Läufer gegen König und 2 oder 3 Bauern

Springer gegen ein, zwei oder mehrere Bauern

König, Bauer und Springer gegen König

Matt mit Turm und Läufer gegen Turm

Matt mit Läufer und Springer

Matt mit 2 Läufern

Matt mit König und 2 Springer gegen König und ein oder mehrere Bauern

König und Dame gegen König und Turm.

Das Manuscript beginnt mit Notions Préliminaire (Seiten 1 bis 6), die die von dem Autor geschaffene Notation erklärt.

Diese Notation „offre un moyen aussi simple que laconique et nullement équivoque pour indiquer et la position et le jeu des pièces“. Diese Notation, welche mit einer Nummerierung der Felder von 1 bis 64 arbeitet, wobei mit a1 begonnen wird und die Nummerierung nach a8 fortschreitet macht das Lesen dieses Werkes für die Schachspieler, die an die beschreibende oder algebraische Notation gewöhnt sind besonders anstrengend.

Chapais schreibt, daß die Nummerierung erfolgt „de sorte que tout nombre pair tombe constamment sur une case blanche, et tout impair sur une case noire“. Vielleicht ist diese schwierige Notation auch dafür verantwortlich, daß das Werk so verkannt worden ist. Von der Lasa, der gewiss das ganze Werk durchgeblättert hat, hat wahrscheinlich nur einige Stellen gelesen und das Manuscript niemals herausgegeben. Das Lesen ist darüber hinaus auch deshalb so schwierig als der Text eine außerordentliche Dichte aufweist und den schwerfälligen Wortschatz und Satzstellung des 18ten Jahrhunderts benutzt. Von der Lasa, der als Diplomat eine ausgezeichnete Kenntnis der französischen Sprache besaß, war möglicherweise entmutigt, diesen Text stilistisch und grammatikalisch in eine moderne Sprache zu transformieren.

Seite 7 bis 11 handeln vom Gang des Königs auf dem freien Brett; die Seiten 13 bis 18 beschreiben den Gang des Springers.

Dann gibt Chapais eine originelle Erklärung der Opposition der Könige im Verhältnis zu dem kombinierten Gang der beiden Könige (Seiten 19 bis 26), und gibt Beispiele hierfür auf den Seiten 27 bis 50 indem er 26 Stellungen benutzt.

Im darauffolgenden Kapitel „König und Bauer gegen König allein“ sind die beiden unterschiedlichen Fälle des auf den Turmlinien oder den Mittellinien stehenden Bauern berücksichtigt (10 Stellungen auf den Seiten 51 bis 61).

Es folgen „Observations générales sur les Pions doublés“ (Seiten 61 bis 64) noch einmal mit dem Unterschied zwischen Bauern auf Mittellinien, die zu Gewinn und Remis führen sowie Bauern auf Turmlinien, die zum Remis führen (4 Stellungen).

Schließlich stellt Chapais das Endspiel „Le Roi et deux Pions contre le Roi seul“ (Seiten 65 und 66), das mit dem Gewinn der beiden Bauern endet, dar. Mit einigen Ausnahmen, wie z.B. getrennte Bauern auf unterschiedlichen Linien und einer Warnung vor Patt-Möglichkeiten (4 Stellungen). Dann folgen 12 Stellungen „Le Roi et un pion de part et d’autre“ (S. 67 bis 73). Er bringt nacheinander die Stellungen 1. mit Bauern auf derselben Linie, 2. Unfreibauern und 3. endlich Freibauern, einer von beiden sich in die Dame umwandelnd (Seiten 74 bis 89). Er beendet dieses Kapitel mit 9 charakteristischen Stellungen.

Die Seiten 91 bis 127 behandeln das Endspiel „König und zwei Bauern gegen König und ein Bauer“ unter 3 unterschiedlichen Blickwinkeln wobei 16 Stellungen dargestellt sind:

zwei verbundene Bauern darunter ein Freibauer

zwei getrennte Bauern darunter ein Freibauer

zwei getrennte Bauern (ohne Freibauer).

Die Seiten 129 bis 161 betrachten das Endspiel „König und zwei Bauern auf der einen und anderen Seite“ in 20 unterschiedlichen Stellungen:

verbundene Bauern gegen getrennte Bauern

getrennte Bauern gegen getrennte Bauern mit oder ohne Hilfe des Königs

getrennte oder verbundene Bauern halten miteinander.

Chapais fährt mit der Studie von Endspielen mit Bauern in „König und 3 Bauern auf der einen und anderen Seite“ fort (Seiten 163 bis 197) und bringt hierzu 25 in drei verschiedene Arten untergliederte Stellungen:

Bauer sich in die Dame verwandelnd (Freibauer)

Bauern vom gegnerischen König aufgehalten

Stellungen mit Remisschluß aufgrund von Zugwiederholung (der Könige) und Pattstellungen.

Das Kapitel endet mit „Fehler des Kalabresen“ (Seiten 198 bis 203), indem Chapais die Stellung des Greco Buch II, Kapitel L „(Ke1, Ba2, b2, c2 vs. Ke8, Bf7, g7 und h7)“ angibt und hierzu schreibt: „Moyen le plus sur de faire marcher ses pions et de bien conduire son Roi à la fin du jeu“. Er kritisiert Greco und korrigiert die von Ercole del Rio im Jahre 1750 gegebene Lösung dabei beweisend, daß 5. … h4 gewinnt. Es ist diese erstmals von Chapais gegebene Lösung, die von der Lasa in den Auflagen des „Bilguer“ ab 1864 erwähnt.

Auf den Seiten 205 bis 214 bringt Chapais etwas „Über gegenseitige Figuren-Bewegungen, besonders gegen den Springer“. Nach Meinung des Autors hatte man bis zu dem Zeitpunkt zuviel von der Macht des Springers gehalten. Er unterstreicht den Kampf  Turm gegen Springer, und Läufer gegen Springer.

Nach dieser Studie folgen „Lösungen zum Matt in verschiedenen Stellungen des Königs und eines Turmes gegen König und Springer“ (Seiten 215 bis 230 mit 5 Stellungen).

Danach gibt Chapais seine „Lösungen für die Partie Läufer gegen Springer“ (Seiten 230 bis 248), mit Endspielen König, Läufer und ein oder zwei weiße Bauern gegen schwarzer König und Springer, die mit Gewinn oder Remis enden. Dabei gibt er 13 Stellungen an.

Hierauf folgt „König, ein Läufer und ein Bauer gegen König allein, gegen König und 1 Bauer, gegen König und zwei Bauern“ (Seiten 249 bis 277), in dem Chapais in ein paar Worten drei Stellungen als Einführung zu seiner Studie König, Läufer und Bauer gegen König und zwei Bauern in 4 Sektionen mit insgesamt 16 Stellungen angibt.

Im nächsten Kapitel (Seiten 279 bis 330) „König und ein Läufer gegen König und zwei oder drei Bauern“ betont er drei Fälle:

Läufer allein gegen Bauern ohne Hilfe der Könige (7 Stellungen)

Beide Könige: der schwarze König versucht seinen Bauern zu verteidigen, wenn der weiße König den gegnerischen Bauernvormarsch verhindert (8 Stellungen)

König und ein Läufer gegen König und 3 Bauern, mit Hilfe der Könige (13 Stellungen).

Dann kommen Springer gegen ein oder mehrere Bauern und Springer und Bauern gegen König allein mit 25 Matt- oder Remis-Stellungen (Seiten 331 bis 353).

Danach zeigt Chapais „Matt des Turms und des Läufers gegen Turm“ (Seiten 355 bis 392) und gibt 22 gewonnene Stellungen an, von denen die erste die sog. Philidor Stellung der 1ten Auflage ist und die letzte der 2ten Auflage entnommen ist. Ausserdem sind 10 Stellungen als unentschieden angegeben. Von der Lasa erwähnt die Analysen von Chapais im Handbuch.

Auf den Seiten 393 bis 403 werden das „Matt des Läufers und des Springers“ in 2 Stellungen mit 32 bzw. 11 Zügen analysiert. Das Merkwürdige der 32 zügigen Lösung besteht in der Ausgangstellung, in der die Figuren die vier Eckfelder des Schachbrettes (a1, h1,h8,a8) einnehmen. Die Stellung wurde auch von Oswald Langier in einem Artikel der französischen Zeitschrift „L’Echiquier Francais“ des 5ten Februar 1907 (Seiten 16 bis 20) und auch von Ed. Lasker in „Schachstrategie“ 1911 Seite 17 analysiert bzw. erwähnt.

Schließlich gibt Chapais das Endspiel unter Bedingung oder „Mat chinois“. Das Matt wird mit einem Läufer auf einem im voraus bestimmten Eckfeld seiner Farbe erreicht. Es folgen zwei Stellungen des Matts der zwei Läufer.

Das folgende Kapitel ist dem Endspiel, für das Chapais berühmt ist, gewidmet: „Matt des Königs und beide Springer gegen König und ein oder mehrere Bauern (Seiten 413 bis 455). Nachdem Chapais die Unmöglichkeit des Matts mit zwei Springern gegen König allein bewiesen hat, studiert er das Matt mit dem König und einem Bauern in 2 Fällen:

  1. Bauer anfangs und später frei sich in eine Dame umzuwandeln
  2. Bauer anfangs oder später von einem der beiden Springer blockiert.

Dieses Endspiel wird mit mehr als 20 Stellungen von unterschiedlicher Länge illustriert. Von der Lasa hat aber nur drei dieser Stellungen benutzt.

Das Endspiel „König und Dame gegen König und Turm“ betrachtet Chapais als ein von den weißen Figuren gewonnenes Endspiel.

Es folgen hierauf 12 Stellungen darunter 10 gewonnene Stellungen. Sie finden sich auf den Seiten 457 bis 475. Das Außergewöhnliche ist, daß die 9te Stellung identisch ist mit der auf Seite III der Einführung des Buches von Alfred Crosskill, „Analysis of the Chess Ending King and Queen against King and Rook“ (1895). Diese bei Crosskill erwähnte Stellung stammt aus einer wirklich gespielten Partie.

An dieser Stelle endet das eigentliche Lehrbuch über Endspiele.

Darüberhinaus gibt Chapais am Schluß des MS eine „Sonderbare und extravagante Stellung“, nämlich die bevorzugte „Partie des Maréchal de Saxe“ an (Seiten 477 bis 484).

Es handelt sich um zwei Versionen der berühmten Aufgabe des Maréchal de Saxe (Aufgabe des Pion Coiffé). Die weißen Figuren sind nach freiem Belieben auf dem Schachbrett angeordnet.

In dem von Chapais angegebenen Beispiel stehen die Figuren auf ihren jeweiligen Startfeldern (außer K und L).

 

Aufgabe des Marschalls von Sachsen

Weiß soll mit dem Bauern g2 auf einem der Felder g3 bis g7 nach Wahl des Schwarzen Matt setzen, ohne daß einer der schwarzen Bauern genommen werden darf. Dabei darf Schwarz nach dem 19ten ten Zug wählen. Die Aufgabe beinhaltet ein sogenanntes Spießrutenlaufen, von denen die Zeit um die Wende des XIX. Jahrhunderts manche hervorgebracht hat. Meines Wissens nach ist die erste schriftliche Spur dieser Aufgabe in dem Buch von Montigny gedruckt, allerdings mit dem Unterschied, daß die Darstellung der Figuren eine andere ist und eine Lösung in 14 Zügen geboten wird. Bislang ist es mir nicht gelungen, eine gedruckte Spur dieser Aufgabe von vor dem Jahre 1802 zu finden. Sie erscheint andererseits wieder in dem „Traité“ von Mouret (Paris 1836) und auch in „Le Palamède“ 1837 allerdings in einer anderen Version, welche auch auf den Marschall zurückzuführen ist.

Das Manuscript von Chapais endet schließlich mit einer Studie über den Rösselsprung (Seiten 485 bis 496) sowie mit 10 Seiten Tabellen mit allen von Chapais gegebenen Lösungen. Dazu kommt noch die „Manière de résoudre le Problème precédent, tireé de la Réponse du Sr. Coliny (sic) insérée dans le Journal Encyclopédique des Mois de Septembre et Octobre 1772“. Es handelt sich dabei um die „Lösung zu einer Aufgabe über Schachspiel, von M. Collini, Privatsekretär von S.A.E. Palatine, an die Autoren dieser Zeitung gerichtet“.

Hiermit beende ich meine kurzen Ausführungen über dieses sonderbare von der Schachgeschichte verkannte Werk. Es verdient jedoch besser bekannt zu werden, insbesondere vom Standpunkt der Schachgeschichte her gesehen. Eine vertiefende Studie des Manuscripts könnte unerwartete Elemente enthüllen. Nach den Kommentaren von von der Lasa zu urteilen, können die analytischen Fähigkeiten Chapais‘ als sehr hoch einzuschätzen sein.

Bevor man jedoch den wirklichen Wert der Chapais’schen Arbeit erkennen kann, ist es unbedingt notwendig, eine richtige ‚Übersetzung‘ seines Textes in die moderne Umgangs- und Schachsprache zu erstellen. Dabei handelte es sich um eine wahre Geduldsprobe (oder Pferdearbeit), welche zweihundert Jahre nach dem Tode des Autors noch immer auf ihren Löser wartet.

Dr. med. Jean Mennerat

Paris – Coulans

Oktober 1990  –  Februar 1992

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